Der Frühjahrsempfang 2012 der Stadt Wachenheim hatte diesmal mit traumhaftem Frühjahrswetter zu konkurrieren. Das tat dem Interesse der Bürgerschaft jedoch keinen Abbruch. Der grundsätzliche Ablauf der Veranstaltung ist bekannt: Die Chorgemeinschaft singt ein Frühlingslied, der Bürgermeister resümiert die vergangenen zwölf Monate und gibt einen Ausblick auf die kommenden, der VG-Bürgermeister liefert ein Grußwort ab, der Chor singt ein Lied das sich thematisch um den Genuss möglichst großer Mengen Wein dreht, die Landfrauen schenken Wein der örtlichen Winzer aus, man unterhält sich.

So war das auch in diesem Jahr. Und doch gibt es für mich Bemerkenswertes.

Da wäre zum einen der von Torsten Bechtel beschrieben Umbau der Stadtwerke zum Lieferanten für regenerative Energie. Mit den Solarpanels auf den Bauhofdächern kann Wachenheim inzwischen 40 oder 50 (bin mir nicht ganz sicher) Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen. Etliche weitere Haushalte beziehen über die Stadtwerke Strom aus Wasserkraft. Ein neues Blockkraftwerk im Schwimmbad wird demnächst nicht nur Schwimmbad, sondern auch Feuerwehr und Kindergarten (auch den Hort?) beheizen. Damit steht Wachenheim wahrscheinlich vergleichsweise gut da, was Förderung regenerativer Energien und Autarkiebestreben in Energiefragen angeht.

Zum anderen fand ich das Thema Bürgerbefragung zum Supermarkt erstaunlich. Keine Angst, das artet nicht wieder zu einem Grabenkampfbefeuerungsartikel aus. Torsten Bechtel warb noch einmal für den Bischofgarten mit allen Argumenten, die dafür sprechen, wies auch noch einmal darauf hin, dass für den Fall, dass dort ein Markt entsteht, der Laden am bisherigen Standort als Discounter erhalten bleiben wird – ein Fakt, der nicht bei allen bekannt zu sein scheint. Das ist natürlich nicht das erstaunliche an dem leidigen Thema. Das ist vielmehr Bechtels Aussage zur Bürgerbefragung: Er bekräftigte noch einmal, dass das Ergebnis der nicht amtlichen Erhebung für ihn bindend ist. So kommen wir also tatsächlich auch ohne Wahl einmal in den Genuss, ein Meinungsbild zu geben, dass eine Entscheidung beeinflusst. Ich erinnere an die Hängepartie im Pfortenstück, bei der eine klare Mehrheit der Wachenheimer gegen einen Supermarkt dort war, was auf die Entscheidungen aber kaum Einfluss hatte.

Noch bemerkenswerter fand ich dann aber die Ausführungen von VG-Bürgermeister Udo Kittelberger zur Bürgerbefragung. Nachdem um Verständnis für das Gezerre im VG-Rat geworben hatte, lavierte er wortreich um eine klare Aussage dazu herum, um dann doch grundsätzlich vor solcher Art Bürgerbeteiligung zu warnen, und insgesamt mehr Vertrauen für die Gewählten Gremien einzufordern. Zwar wird die Verwaltung die Befragung unterstützen, so Kittelberger, aber eigentlich sollten die Menschen derlei Entscheidungsprozesse denen überlassen, die sie gewählt haben. Und auch die Medien sollen nicht so streng sein mit den Volksvertretern.

Gut, grundsätzlich funktioniert unser Gemeinwesen natürlich so – wir wählen uns geeignet erscheinende Parteien oder Personen, die entscheiden dann. Aber gerade beim Endlosthema Supermarkt ist es dringend an der Zeit, dass die Bürger ernsthaft beteiligt werden. Und das wird mit dieser Befragung erstmals möglich. Das ist Bürgerbeteiligung, die den Namen verdient. Anders als die Farce der letzen Runden von Einsprüchen gegen das Pfortenstück, als alle Einsprüche von Bürgern mit den Worten „zur Kenntnis genommen“ vom Tisch gefegt wurden. Damit wird unser Bürgermeister seinem Anspruch nach mehr Bürgerbeteiligung, den er nach der Wahl formuliert hat, gerecht. Wollte ich mal gesagt haben.

Die Bürgerbefragung braucht indes noch eine Menge Vorbereitung. Wäre sie schon morgen, sähe das Ergebnis wohl so aus: eine Mehrheit will gar keinen zweiten Supermarkt.  Tatsächlich haben, glaube ich, sehr viele Wachenheimer das Gefühl, dass sich die Stadt hier von REWE, Edeka und Planungsbüros vor sich her treiben lässt, das hier von außen ein Bedarf herbeigerechnet wird. Das höre ich jedenfalls immer öfter. Objektive Informationen zu verbreiten tut Not. Und genau da wird es dann wieder schwierig, wie die „Bürger für Wachenheim“ zuletzt zeigten. Schwierig, aber möglich. Ich jedenfalls bin schon gespannt auf den Rückblick beim Frühjahrsempfang 2013.