Was tun mit dem internationalen Frauentag? Abschaffen, wie es Kathrin Keller in der Rheinpfalz und Alice Schwarzer in der Frankfurter Rundschau empfehlen? Von Alibi-Veranstaltungen halte ich auch ja auch ähnlich wenig wie von Schnittblumen. Nur ärgert es mich, dass Feminismus mittlerweile als überholt und uncool gilt. Wenn wir Mädels schon da angekommen sind, wo wir hinwollen – warum ist es dann eine Meldung wert, dass der internationale Frauentag mit dem ersten Regie-Oscar für eine Frau begann?

Gehen wir mal von Hollywood nach Wachenheim. Da nehme ich den Frauentag zum Anlass für eine kleinen Feminismus-Check. Als Mutter zweier Töchter interessiert mich schon, wie stark unser Umfeld tradiertes Rollenverhalten propagiert. Das hatte ich zum Beispiel im Hinterkopf, als ich vor ein paar Jahren wegen eines beruflichen Angebots über den Wechsel in die bayerische Provinz nachdachte. Und dankend ablehnte.

Wachenheim sieht da im Vergleich unserer bisherigen Wohnorte ziemlich gut aus.  OK, das politische Leben ist stark männlich dominiert.  Stört mich das? Wir Frauen hätten ja gerne die Hälfte des Himmels – in diese Kategorie würde ich eine Stadtratssitzung jetzt nicht unbedingt einordnen. Andererseits, vielleicht hätte der ritualisierte Schlagabtausch dort weniger von einem Kaspertheater, wenn schon länger mehr Gretels mitspielen würden.

Abgesehen von Stadt- und Verbandsgemeindepolitik gibt es in Wachenheim aber einige Vorbilder, die außerhalb der üblichen Rollenklischees liegen. Fängt schon damit an, dass mein Mann in Krabbelgruppe, Babyturnen oder Kindergarten nicht so beäugt wird wie im großstädtischen Ludwigshafen (von den Diskussionen mit philipinischen Maids in Hongkong mal ganz abgesehen….). Er ist ja auch nicht der einzige hauptberufliche Papa im Ort.

Für Mädchen gibt es in Wachenheim eine ganze Reihe starke Frauen als Vorbilder.  Zum Beispiel gestandene Geschäftsfrauen:  natürlich Weingut-Besitzerin Bettina Bürklin-von Guradze, aber auch Eulen-ChefinAngela Stern, Kaffee- und Comfort-Kennerin Janine Manz, Trude Schweizer von der Arkade, Blumenzauberin Iris Diehl und PR-Fachfrau und Zunftmeisterin Kira Hinderfeld. Und wo werden die ersten Schulhefte gekauft? Natürlich bei Frau Amschler!

In der Medizin beschränken sich die Wachenheimer Frauen nicht auf die „supporting acts“ (Physiotherapeutin, Krankenschwestern), sondern besetzen mit Dr. Petra Cub-Csizi (klassisch), Dr. Arnhild Grünagel (alternativ) und Andrea Schmitz (Osteopathie) drei weibliche Hauptrollen.  Auch die Kunst ist weiblich in Wachenheim:  Dafür stehen Hanna Schmid, Buchbinderin und Kleinverlegerin, sowie Angela Foid, Tänzerin und Yoga-Lehrerin. Ganz schön beachtlich für so einen kleinen Ort!

Sogar das (früh)kindliche Bildungspersonal weicht in Wachenheim etwas vom Üblichen ab und bietet differenzierte Rollenmodelle. So gibt es bei den Waldameisen neben den beiden Erzieherinnen einen tollen Praktikanten – und einmal in der Woche kommt der heißgeliebte John zum Englischlernen. Ungewöhnlich auch die Personalkonstellation an der Grundschule. Während an vielen Orten ein Rektor an der Spitze eines Kollegiums aus lauter Lehrerinnen steht, hat Wachenheim nicht nur männliche Lehrkräfte, sondern auch Rektorin und Konrektorin. Ich würde mich freuen, wenn diese sanft-matriarchalischen Züge auch nach der Pensionierung von Frau Hüttner erhalten blieben!